Spanische Grippe: Was wir heute von dieser Pandemie lernen können

Spanische Grippe: Was wir heute von dieser Pandemie lernen können
Foto: Militärkrankenhaus in Kansas zur Zeit der Spanischen Grippe / © Creative Commons Attribution 4.0 license

Die Spanische Grippe sorgte ab 1918 für bis zu 50 Millionen Tote. Mit strengen Maßnahmen konnten einige Städte allerdings viele Menschenleben retten – und deshalb dienen viele Maßnahmen der damaligen Pandemie heute während der Coronakrise als Vorbild.

Wie sollen wir auf die Corona-Pandemie reagieren? Diese Frage stellen sich Politiker, Wissenschaftler und Wirtschaftsexperten in aller Welt. Vorrangig ist nun, eine rasche Ausbreitung einzudämmen – sonst stoßen die Gesundheitssysteme wie in Italien an ihre Leistungsgrenze. Länder wie Österreich und Deutschland haben sich zu strengen Maßnahmen entschlossen, während unter anderem Großbritannien und auch Brasilien lange Zeit so taten, als wäre nichts.

Die Corona-Pandemie ist die erste Pandemie in dieser schrecklichen Tragweite seit der Spanischen Grippe. Diese wütete in den Jahren 1918 bis 1920 in vielen Teilen der Welt; jüngsten Schätzungen zufolge sind bis zu 50 Millionen Menschen gestorben. Die Sterblichkeitsrate betrug zwischen 1 und 3 Prozent – also ungefähr das Niveau, dass wohl auch jetzt beim Coronavirus beobachtet wird. Diese Grippe wurde von einem Subtyp des Influenza-A-Virus ausgelöst, der später unter anderem auch für die Schweinegrippe 2009 verantwortlich war. Als Spanische Grippe wurde die Pandemie bezeichnet, weil deren Auftreten erstmals in Spanien bekannt wurde – das einzige Land, in dem die Medien berichten durften, in anderen verhinderte das die Zensur (was wiederum an das Vorgehen der chinesischen Behörden erinnert).

Historische Lehren von der Spanischen Grippe

Welche historischen Lehren können Wissenschaftler heute ziehen? Die wichtigste Erkenntnis: So wie heute waren die Unterschiede zwischen einzelnen Städten groß – Daten liegen vor allem aus den USA vor, wo die Pandemie damals ihren Ausgang hatte. Es zeigte sich, dass eine frühe, scharfe Reaktion zu vergleichsweise niedrigen Opferzahlen führte. Musterbeispiel ist St. Louis, wo die Gesundheitsbehörden rasch öffentliche Versammlungen verboten, Schulen geschlossen hielten und auch Kirchen sperren ließen. In dieser US-Stadt starben “nur” 700 Menschen. Ganz anders die Lage in Philadelphia, wo die Gefahr verhamlost wurde und sogar große Paraden abgehalten wurden: 12.000 Menschen kamen ums Leben. Also: Social Distancing” ist unverzichtbar und kann viele Menschenleben retten.

In Ländern wie Österreich konnte sich die Spanische Grippe nicht nur deshalb rasch ausbreiten, weil die Bevölkerung angesichts des Ersten Weltkriegs schon geschwächt war und das Gesundheitssystem nicht gewappnet war. Außerdem glaubte man, den Menschen die Wahrheit angesichts des Kollaps der Monarchie nicht zumuten zu können. Die meisten starben, ohne zu wissen, woran.

Eine weitere Lehre: In verschiedenen Ländern wurden abstruse Theorien verbreitet und damit auch die Abneigung gegen Kriegsgegner geschürt. So hieß es in den USA, deutsche Soldaten hätten die Krankheit absichtlich verbreitet; in Deutschland wiederum wurden Spanier verantwortlich gemacht.

Spanische Grippe und die Wirtschaft

In einer aktuellen Studie wird außerdem auf einen anderen Aspekt hingewiesen: Strenge Maßnahmen gegen die Pandemie haben keinen nachteiligen Effekt auf die Wirtschaft. Im Gegenteil: Analysen der unterschiedlichen Vorgehensweise verschiedener Städte bzw. Regionen als Reaktion auf die Spanische Grippe zeigen, dass strenge Regeln und frühes Eingreifen eher förderlich für die Wirtschaft waren – diese hatte sich in diesen Gebieten nach dem Ende der Viruspandemie rascher erholt.


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